Bunte Hände, Ballons und weiße Zettel und ... ganz viel Schnee!
Das vergangene Jahr bescherte mir fast 60 Konzerte und ich dachte immer, aufgeregt? Ich? Die Zeiten sind lange vorbei, denkste! Aber dieses erste Konzert im neuen Jahr soll auch ein ganz besonderes werden. Lange haben Bounce angekündigt, es wird gross und man kann sich Songs wünschen und besonderes Licht und Bühnenbild etc.
Ich muss grinsen als Olav im Radio verkündet, mehr Licht bekämen Bon Jovi in der Cobra auch nicht unter! Man macht eben nicht nur Musik und das ist auch gut so!
Noch weniger lässt mich die letzte Nacht vor Solingen das Wetter in den Schlaf kommen. Daisy ist angesagt, ein grausiges Schneesturmtief über ganz Schland und ich weiss aus Erfahrung, dass bei der Bahn eine Schneeflocke hochkant genügt... Es schneit schon seit Tagen und so hat die Zuganzeigetafel am Bahnhof kaum eine Zeile ohne Verspätungsangabe! Unser Zug steht noch nicht dran, doch sein Vorgänger, zwei Stunden vorher, ist schonmal eineinhalb Stunden hinterher.
In meinem Hirn hämmert die ganze Nacht ein Gedanke... wir müssen nach Solingen, Hauptsache ankommen, wie ist egal, nur rechtzeitig!!! Nein, das ist nicht mehr feierlich, ich empfinde es als Stress und wünsche aus tiefstem Herzen, wir wären schon da drüben, wenigstens in Dortmund, also im Westen...
Doreen hat nur minimal Verspätung und so treffen wir uns am Bahnhof und -Gott sei Dank!- unser Zug ist pünktlich! Die Fahrt vergeht wie im Flug und am Ende haben wir bis Wuppertal ganze 20 Minuten Verspätung, das ist auch ohne Schnee eine normale Zeit und mir fällen ganze Gebirgszüge vom Herzen, als ich in Solingen aussteigen kann. Doreen wird in Wuppertal abgeholt, ich warte in Solingen auf Heike und bin froh, als sie unversehrt ankommt.
Wir parken gleich auf dem ausgeschilderten Cobra-Parkplatz und stapfen durch den Schnee auf der Suche nach einem ordentlichen Abendessen. Die Lokale ringsum sind noch geschlossen und so muss ein Dönerimbiss unsere Verköstigung übernehmen. Die Teller sind so reichhaltig, dass wir heute nach der Show garantiert, entgegen unseren Gewohnheiten, kein Gasthaus zur Goldenen Möwe mehr brauchen. Aber ein Kaffee und Strudel zum Nachtisch dürfen es dann schon sein. Dafür ziehen wir allerdings ins nächste Kneipchen und dort ist nicht zu überhören, dass die benachbarte Tischrunde ebenfalls in die Cobra will. Ich versuche gleich mal mein Glück und verteile die ersten Flyer für unsere Aktion \"WE´LL BE THERE FOR BOUNCE\". Genau dieser Satz steht in grossen Lettern auf der Rückseite einer DIN A4 Seite und umseitig die Bitte an die Leute, den Zettel bei \"I`ll be there for you\" hoch zu halten und zu singen.
Ich habe ganze 350 Seiten dabei und erhoffe mir, dass die Leute zahlreich mitmachen, wer weiss...
Da kommen schon die ersten Fragen... Backstagepass? Songtext? Weder noch, wobei ich mich immer frage, warum dieses Wort Backstage so ein magisches Wort für viele ist. Backstage, das ist nicht selten ein kleiner, oft schmutziger, langweiliger Raum, wo sich die Musiker gerade mal zum Umziehen aufhalten. Und wenn es mal eine Nobelherberge ist, dann passiert da auch nix Aufregendes, es sei denn, es steht ne Party an und die ist dann so wie andere Partys im Wohnzimmer oder anderswo. Hm, Klischee, Backstage...
Leider lässt man uns noch nicht in den Korridor zur Cobra, wir sind zu früh und es ist verdammt kalt. Es dauert allerdings nicht lange und Doreen trifft mit dem grossen Teil der Hardcore-Fangemeinde ein. Wir beschliessen, in der benachbarten Tanke noch etwas Warmes zu trinken und ich kann bei dieser Gelegenheit gleich mal Winkehände an die Damen und Herren verteilen. Wir haben unsere Aktionen längst über Mails und Telefonate abgesprochen, nun fehlt eigentlich nur noch eine Setlist, um zu schauen, wann welcher Song läuft. Dank Ollis Freundin sind wir zumindest informiert, dass I´ll be there for you drauf steht. Nicht nur deshalb mag ich dieses Mädel! Sie ist einfach grossartig!
Just als wir an der Cobra zurück sind, gehen die Tore auf und wir müssen nicht mehr frieren. Man lässt uns auch garnicht bis zur Einlasszeit warten. Ich beobachte, dass Tom durch einen Türspalt lugt und vermute, dass es seine Anweisung ist, zumindest geht der Einlass sofort los und alle wandern entspannt in den Saal. Ich bleibe vor der Tür stehen und verteile fleissig Flyer in der Hoffnung, dass niemand von den Jungs hier auftaucht. Alle Anderen wissen eh Bescheid, Stevie ist wegen dem Licht informiert und Jeans Eltern hab ich schon in Velbert von unserem Vorhaben berichtet. Natürlich werden alle mit Zetteln versorgt.
Heike hält mir derweil meinen Platz in Reihe eins frei, wo wir uns alsbald treffen, denn ich kann meine Zettel doch relativ schnell unters Volk bringen. Fix noch ein neues Bounce Shirt am nagelneuen Merchstand eingekauft und unter die neue Jacke Marke Eigenbau gezogen, ready for the Show.
Als wir uns alle vorn einfinden und noch ein paar bekannte Gesichter auftauchen, entdecken Chrissi und Doreen plötzlich die Setlist an einem Verstärker gegenüber Jeans Mikro. Das Ding dreht uns allerdings den Rücken zu, also halte ich mal die Kamera davor, knipse blind und siehe da, wir haben sie! Christiane hofft auf eine Überraschung und hält sich die Ohren zu, während wir das Teil ausführlich studieren. Mir fehlt lediglich never say googbye aber das ist zu verschmerzen, das Programm sieht super aus! Ich freu mich auf sleep when I´m dead, mein Lebensmotto! Jawoll!
Zunächst geht es mit FLASH los, eine Queen-Cover Band, die ich vor langer Zeit mal erleben konnte. Allerdings sind die heute unplugged am Start und in dieser Version klingen Freddy und Co. ganz interessant auch für nicht Queen Fans, wie ich einer bin. Den letzten Song bekomme ich nur noch am Rande mit, denn unser kleiner Trupp ist ab sofort mit Luftballonaufpusten beschäftigt und dann halten wir die Teile beim Umbau, bis zum Bounce-Start mühsam an unseren Füssen gebunkert.
Traditionell gibt es zur Eröffnung des Gigs ein kleines Filmchen und das finde ich sehr gelungen vom ersten bis zum letzten Bild. Google Earth sei Dank fahren wir visuell direkt aufs Cobradach und werden dabei von den Bildern der Jungs und einem Jahreszahlcountdown geleitet. Immerhin, heute eröffnen Bounce zum siebten Mal ihre Konzertsaison in Solingen!
Als sich der Vorhang senkt, stehen fünf Silhouetten im Dunkel der Bühne und dann knallt uns auch schon der erste Song entgegen - BOUNCE, passender Weise ist der Bandname Openersong und unsere Luftis bouncen über das sofort beigeisterte Cobrapublikum! Party!!!!!!!!!
Doch schon beim zweiten Song, it´s my live, gibt es einen Zwischenfall... Über Tom knistert es im Dachgeschoss des Bühnenaufbaus. Die Jungs werden schnell aufmerkam, Olli singt tapfer durch und als ich noch glaube, Jeans holt einen Feuerlöscher, als er kurz hinter seinen Amps verschwindet, klettert er schon am Gerüst hoch und löscht die Funken mit einer grossen Flasche Wasser. Meine Befürchtung, dass Wasser und Strom... ich erfahre später, dass es nur ein Alusplitter war. Hinter Tom wird das Ding dann komplett ausgetreten und es kann ohne weiteren negativen Zwischenfall weiter gehen.
Die kommenden dreieinhalb Stunden sind nur noch Partyspass ohne Ende! Die erste Ballade ist Always und alle folgen der Tradition des Mitsingens. Wie hiess es mal so treffend im Gästebuch? \"gefühltes Olympiastadion\", eine sehr passende Beschreibung! Bei Raise your hands sind wir gewappnet und strecken unsere grossen Plastikhandschuhe in die Höhe. Lacht uns Jeans aus oder an? Egal, wir haben viel Spass hier unten und die Herren da oben offensichtlich ebenso! Wie so oft ist In and out of love eines meiner persönlichen Highlights! Ich wünsche mir den Part mit Jojo und Jeans jedes Mal mindestens dreimal länger, weils soooooo genial gespielt wird, von Beiden!
###Mitten im Set werden Preise verlost und jeder spekuliert auf Ollis alte Klampfe, die ein uns unbekannter Typ gewinnt. Dass sich zehnmal beim Losen daneben greife ist für mich Normalität. Ich würde alle Nieten raus sammeln und als Einziges den Hauptgewinn im Topf zurück lassen. Mein Glück ist nur ein guter Geist, der mir mein Herz geschenkt hat, ein Herz für ein Leben mit Musik.
Die erste Gänsehaut heute Abend hab ich bei Runaway, Ollis Gesang ist einfach unschlagbar und da beziehe ich für meine Ohren auch längst das Original mit ein! Das war früher mal besser, heute steht hier Einer, der hat Gold in der Kehle und das hört sich einfach nur mega an!
Lay your hands on me nehmen wir heute Abend mal ein Bisschen wörtlicher und holen wieder die grossen Pfötchen raus.
Einer der besonderen Wunschhits folgt mit Something to believe in... wundervoll! Und bei Bed of Roses erstrahlt die Cobra im Sternenfeuer hunderter Wunderkerzen... Was diese Band hier an Emotionen ins Publikum zaubert ist unermesslich!
Doch es soll noch derber kommen... Wie klingt denn das Wanted dead or alive Intro? Ich schnalle ganz schnell, da kommt was out of setlist. Man hat es wohlweisslich nicht draufgeschrieben, weil wir ja immer lunzen, aha!
Und dann bricht die kleine Fangemeinschaft um mich herum fast kollektiv in Schluchzen aus, Stick to your guns wird von Olli mit -just for you- und einem Blick in unsere Reihen angekündigt, weil es sich so viele der Mädels schon so lange wünschen! Ich muss nicht weinen, ich bekomme Erpelpelle wie ein Stachelschwein und singe mit. In meinem Kopf kreisen die Gedanken... welch eine Geste dieser Band für ihre Fans! Das ist nicht normal oder selbstverständlich, das ist einfach nur unbeschreibliche Fannähe und ein ganz grosses Geschenk!
Schweissgebadet verabschieden sich die Jungs bevor sie zur ersten Zugabe wieder auf die Bühne stiefeln, begleitet vom frenetischen Applaus der immer noch tobenden Cobra. Ich bin nervös, ein zugegeben seltener Zustand meinerseits aber der zweite Song der Zugabe ist I´ll be there for you und ich hoffe inständigst, dass unser Vorhaben klappt und die Leute mitmachen. Okay, meine Sorgen sind unbegründet. Wenn man auch (leider) nicht bis zum Refrain wartet, so haben doch plötzlich ALLE die Zettel oben und noch mitten in der ersten Strophe verschlägt es Olli die Stimme und wir schauen in die endlos überraschten Gesichter unsere Bouncer!
Ich könnte jetzt noch Jubeln bei dem Gedanken an diesen Moment. Der gute Jogi muss wohl meinen Freudenhüpfer bemerkt haben. Er steht sogleich vor mir und knipst mir zwei Fotos von der Bühne aus in meine Kamera. Irgendwie bringt Olli den Song zu Ende, weil singen mit Kloss im Hals eben schwer fällt, sorry, das wollte ich nicht, ;o) und dann ist erstmal Pause für Bounce, denn die Leute singen und singen und singen und... we´ll be there for Bounce, es will einfach niemand aufhören. Ehrlich gesagt, kann ich mich nicht erinnern, wann ich zum letzten Mal so selig war.
Ja, wirklich! Ich bin den Leuten so dankbar, dass sie diese Idee aufgenommen und mitgemacht haben! Endlich, endlich haben Bounce damit mal ein kleines Stück von dem zurück bekommen, was sie dem Publikum immer wieder mit ihrer Musik geben! Eine wunderbare, energiegeladene Herzlichkeit mit ganz viel Können und Engagement!
Und prompt folgt das Dankeschön der Band. Wieder hat uns die Setliste nicht informiert... Wir werden mit Never say goodbye verabschiedet und wieder fliessen Tränen und ich kann nur Dank meiner Ohren nicht im Kreis dazu grinsen! Ich bin einfach nur ganz dolle glücklich und wenn es noch so albern klingt, is halt so! Nach der Show sind die Jungs sofort unters Volk gemischt (nix Backstage) und wir sind alle noch lange auf irgendwelchen Wolken unterwegs.
Heike und ich stauben schnell ein paar Autogramme und Fotos ab und sagen allen tschüss. Wir müssen noch nach Krefeld, kommen aber trotz Schnee super durch und diesmal kann ich auf Heikes gemütlicher Couch nur schlecht einschlafen... woran das wohl liegt?
Am Vormittag gehe ich mit Andy alleine frühstücken, da sich unsere Freundin nicht so gut fühlt. Den grossen Teil der Heimreise fahre ich wieder mit Doreen und da gibt es natürlich nur ein Thema...
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Ich will nicht schliessen ohne noch einmal Danke zu sagen an die Mädels und Jungs unseres kleinen Kreises und das tolle Solinger Publikum, an Heike und Andy in Krefeld, wo ich mich immer wieder zu hause fühle und last but not least an die BOUNCE family auf, vor und hinter der Bühne! Ihr seid einfach unbeschreiblich!
S.