Angekommen auf meinem Olymp der Konzertbesuche!
Irren ist menschlich, das kann auch einem erfahrenen Konzertjunkie wie mir passieren. Da dachte ich, ich hab schon alles erlebt, allemal viel, total emotionale Konzerte, gute Musiker, begeisterte Fans, ja sogar Konzert im Kino hatte ich schon.
Na klar freue ich mich auf das lang angekündigte Bounce Geburtstagskonzert in Wuppertal! Doch dass es am Ende zu dem wird, was es nun ist, nie und nimmer hätte ich das geglaubt.
Konzert im Kino, da gibts mit Sicherheit mindestens einen Videoclip, wenn man schon mal ne grosse Leinwand zur Verfügung hat, da bin ich mir vorher sicher. Und dann hocke ich im Rasiersitz der ersten Kinoplüschsesselreihe und es geht los, Ansage vom Direktor perönlich und der erwartete Clip erwächst zu einem Kultfilm der Marke Oscar-verdächtig! Vielleicht mache ich mir bei der Internetveröffentlichung mal die Mühe und zähle die zusammengeschnittenen Sequenzen.
Klar, zusammenschnippeln ist technisch für versierte Freaks keine Kunst aber dass es so passt, wie es hier passt, das ist dann schon ganz grosses Kino. Man kann diese knappe halbe Stunde Vorprogramm durchaus als künstlerisch wertvoll betrachten, lernen wir doch mal alle Bandmitglieder von ihrer sehr persönlichen Seite kennen... ja, ääähm Bandmitglieder... Bounce, wir sind SECHS Leute... Stevie, Deine Rolle war definitiv viel zu kurz in diesem Streifen, das schreit dann mal förmlich ganz laut nach - Fortsetzung folgt -!!!
Im Weiteren erfahren wir, welch angemessener Ton in diverser Streitkultur herrscht und wie lieb die Band ihre Fans hat und was so alles ausserhalb der Bühne und im Besonderen innerhalb eines Kleinbusses passieren kann. Wehe, wenn sie im Rudel losgelassen werden! Der Bildungshöhepunkt der filmgeschichtlichen Darstellung, wir lernen SIE kennen, klein, gelb, quietschig und fest mit dem Busdach verbunden... die ANTIGRAVITATIONSENTE.
In weniger als drei Minuten scheint hier ein neues bouncesches Kultobjekt geboren, das haben sie nun davon. Ich für meinen Teil, liege bauchhaltend vor Lachen in meinem Plüschunterteil und muss mir immer wieder die Tränen wischen.
War der Werbetrailer für diese Veranstaltung schon ein Highlight, so hat man sich mit dieser Glanzleistung nun selbst im cinematischen Bereich ein Denkmal gesetzt.
Aber letztlich war und ist ein Konzert angekündigt und das beginnt unmittelbar mit dem Einmarsch der Gladiatoren direkt nach dem filmischen Intro und wie es sich für Oscarpreisträger in Spé gehört, alle in feinstem Zwirn und bis zur letzten Falte gebügelt und chic gemacht, wow! Standing Ovation, mit Recht!
Was kann man erwarten, wenn man weiss, was die Jungs können und musikalisch in der Lage sind zu präsentieren? Wo soll man eine Steigerung an Anspruch und Darbietung suchen? Mir fallen keine Antworten ein, ich erwarte ein Konzert, wie gehabt, Party und Emotionen und eben einen geilen Gig! Denkste, du alte Motzliese.
Sie können mehr, noch mehr und anders, ganz anders, so brutal anders, dass mich fast nichts an das gewohnte Programm von Bounce erinnert. Fast jedem Intro folgt ein unerwarteter Song und die Interpretation reicht von Soul bis Swing bis Rock bis Ballade bis eigenem Stil... wie machen die das?
Hab ich vergessen, dass sie es einfach können? Die Überraschungen dehnen sich beim vierten Song aus, als man Two Story Town mit Versionen von Toto, Lady Gaga, Avril Lavigne und The Offspring spickt! Geil!
Die komplette Setlist ist voll mit Fanwunschhits, selten bis garnicht gespielter Songs und dem Song meiner persönlichen Lebenseinstellung, I´ll sleep when I´m dead.
Das Publikum leistet seinen Beitrag mit Allem, was man so bringen kann, von *Stecknadel-fallen-hören-Stille* bis Mitsingen, von tosendem Applaus bis zum tanzenden Abfeiern, gut so! Da stehen aber eben einfach fünf Helden auf und einer vor der Bühne, die es verdient haben.
Sorry an die anderen Fünf, ohne Eure Leistung zu schmälern muss ich diesmal EINEN vorne an und über Jeden stellen und ich weiss, dass Ihr mir alle zustimmt. OLLI! Bed of Roses... in dem Moment hätte Dir jede einzelne Hand im Saal tausend Rosen gepflückt, Joe Jon Bon Cocker... with a little help... da sitzen gerade über zweihundert und sind Freunde, last but not least HALLELUJAH! Ich bekomme diesen Song keine zwei Tage später noch einmal live zu hören, mache meine Augen zu und bin in Wuppertal.
Ich hatte weiss Gott schon einige Konzerte, wo ich hinterher beeindruckt war, meiner Begeisterung freien Lauf lassen konnte, mal geweint und mal herzlich gelacht habe, wo mich Musiker überzeugt und verzaubert haben, wo ich hinterher sprachlos vor Rührung in einer Eck nach Worten rang und die ich bis heute nicht vergessen habe.
Es waren bis dato achthundert solcher Erlebnisse und ausgerechnet der Verfasser einiger gerade verklungener Töne stand bislang über Allem.
Meine lieben Bouncer, Ihr gottverdammten Bengel, Ihr schauspielernden Musikküsschen, Ihr HELDEN, Ihr seid angekommen auf meinem persönlichen Olymp der Konzertbesuche.
Danke S.