Tom’s Tour Tales (Teil1)
Edersee Bikermeeting und Public Viewing, Siegen
Aufbruch
Samstagmorgen. Einmal ausschlafen….schön. „Papa, wann steht ihr denn endlich auf, ich hab soooooo einen Hunger". Pia steht protestierend im Schlafzimmer. Mist – schon halb neun. Stöhn. Gibt nichts mehr mit Ausschlafen.
Eine Dreiviertelstunde später sitze ich noch mit meinen beiden Mädels beim Frühstück und gehe in Gedanken noch die Liste des Geraffels durch, welches gleich den Weg in die Sporttasche finden wird: Unterhosen, Socken, 2 Auftrittshemden, Bikerboots … Die Sonnencreme lasse ich natürlich daheim, sieht es doch noch sehr nach grauer Sauce aus, was sich da am Himmel tut.
Irgendwie ist es dann auch noch viel zu früh, als ich bei Charly mit dem Bus am Proberaum („HQ") ankomme, um den Hänger abzuholen. Der wiederum guckt vorwurfsvoll auf die Uhr – es ist bereits 5 nach elf, um dann doch - für meine Rest- Morgenmuffeligkeit - viel zu gut gelaunt auf den Beifahrersitz zu hüpfen. Naja, denke ich im Stillen, für ihn kommt ja bereits jetzt des Highlight des Tages: Schließlich müssen wir noch irgendwo im Kalkwerk seine neuen Küchenfliesen abholen (denn die sind aus dem gleichen Brand wie die bereits im Flur verlegten und daher mussten die schon bereits jetzt und nicht… äh – lassen wir das).
Knapp eine Stunde später, also gegen Mittag ist es dann soweit, die Fliesen sind entladen, der Hänger gefegt und die bereits vollzählige Band nebst Jojo's Freund und für diese Tour angeheuerter Fotograf Michi laden fleißig das Equipment in den Hänger. Man merkt der Band an, dass alle richtig „Bock" haben, denn in Rekordzeit ist der Hänger gepackt.
Ute ruft noch kurz zum Mittag – es gibt Pfannekuchen. Und schon werden sie deutlich, diese grundlegenden Unterschiede der einzigartigen Charakter der Bandmitglieder: „Ihh" und „Bah" wird der mit Curry-Ketchup gefüllte Pfannkuchen des einen gekürt, während andere staunend betrachten, wie viel Nutella denn in einen zusammengerollten Pfannkuchen passt. Egal, ich stopfe mir aus Ermangelung an Kochschinken eben geräucherten Schinken in den Pfannkuchen und versäume nicht, noch ne Scheibe Gouda als Gesellschaft beizulegen.
Edersee-Bikermeeting
Wir kommen gut durch – sehr gut. Der Bus rollt, die Stimmung ist gut und das Wetter wird immer besser. Das wird geil werden! Knapp 2 ½ Stunden später erreichen wir das Biker-Treffen. Schon auf der Autobahn haben wir einige Harleys überholt, deren Fahrer wohl versuchten, einen dieser Milwaukee-Trümmer wieder in die Gänge zu bekommen. Je näher wir dem Treffen kamen desto mehr Bikes haben wir gesehen. Dann, kurz vor dem Fest-Gelände Stau: Viele wollen auf das Gelände.
Schon von weitem sehen wir ihn: Tony Califano, unseren Booker (der gar nicht für diesen Gig zuständig war) steht mit seiner Adonis-Statur und winkt uns ein und so steht unser Gespann bald hinter der Bühne und wir finden uns mit blauen Armbändchen und BOUNCE – „ARTIST", bzw. „PHOTO" – Ausweiskärtchen verkleidet an der Bühne. Er wollte uns überraschen und tut dies mit seiner für ihn unnachahmlichen Art. Spitze.
„WOW" – diese Bühne ist der Hammer unmarkiert eine neue Höchstmarke gemessen an der Bühnengrundfläche für uns. Sie schreit geradezu danach, von uns bespielt zu werden. Davor: Bier-, Fress- und Merchandise-Zelte und überall Mopeds – meist natürlich Harleys.
Erstmal gucken gehen. Muskelbepackte Ledertypen mit schrillen Miezen gehören natürlich genauso zur Szene wie die von Olav (Ducati-Treiber) vielzitierten „über- vierzigjähren Rechtsanwälte und Banker, die noch mal auf dicke Hosen machen wollen". Egal, das Treiben ist bunt und entgegen unseren Befürchtungen total relaxt.
Stunt-Shows, Wheelies, Donuts und natürlich Burn-Outs (wobei mir den Sinn nicht ganz klar ist, was an nem hingerichteten Hinterradreifen so spannend sein soll). Jedenfalls juckt der Qualm vom verbrannten Gummi ganz lustig in der Lunge und so marschieren wir schnell weiter.
Im Gedränge hinter der Bühne haben wir unsere Backline schon mal bereit gelegt und die Band vor uns ist noch on Stage. Stevie äußert sich sehr zufrieden über die P.A. und ich verstehe zwar nix von den Alpha-Numerischen Codes, die er uns dazu um die Ohren schmeißt, aber sein zufrieden Grinsen ist eindeutig: Es gibt heute geilen Sound!
Toni macht alles klar: Z.B. das Essen. Hunger! Durst! Kein Thema: Wir sitzen in der Restaurantbühne und die abenteuerlichen Pfannkuchen wurden wieder erfolgreich durch einen „kleinen Hunger zwischendurch" verdrängt. Es gibt wieder erlegtes Tier mit Kartoffeln und mehr oder minder Sauce, aber es ist SEHR reichhaltig. Ich müsste eigentlich mal donnern gehen, aber dazu ist später bestimmt auch noch Zeit…
Wir entern die Stage und wir treffen backstage auf den Cofi, von der Agentur, die den Gig eigentlich fix gemacht hatten. Tony sucht das Weite, er will sich da nicht inmischen.
Soooo viel Platz auf der Bühne – gigantisch. Soundcheck, Umziehen und noch ein Bier im Backstagezelt.
GOOO!!
Es ist noch hell und zwischen Bühne und Publikum befindet sich noch die obligatorische „entmilitarisierte" Zone von etwa 20 Metern, wo die ersten Zuschauer stehen. Mitten in dieser Zone tanzt schon eine Tussi im Leo-Catsuite, wobei sie den besser gelassen hätte, genau wie die letzten 10 – 15 Bierchen, aber egal, sie geht voll ab. Ekstase pur beim ersten Song. Tja, wer kann sich das schon erlauben? Sie tut es und es ist auffällig, dass sie immer mehr Publikum durch Ihre Performance nach vorne lockt.
Die Band rockt und ich öle wie ein Tier. Es wird dunkler und langsam kommt Feeling auf. Die Bühne ist in blau und in Nebel getaucht. Es läuft gut, Immer mehr Biker drängen sich auf den Platz.
Lay Your Hands on Me – Mittelpart (instrumental). Jeans guckt mich an, ich sehe ihn an, wir gucken Olav an. Er trommelt und trommelt und ich weiß nicht, wo er eigentlich ist im Text. Jeans scheint es genau so zu gehen. Jojo grinst souverän hinter seinen Keys. Zack! Da wäre dann der Break gewesen – vergrützt! Mist. Ich lasse den Grundton liegen und lausche den verschiedenen Interpretationen meiner Kollegen des Impossible Mission Zitats, wundere mich ein wenig und dann geht's weiter.
Ich glaube, das gibt's wohl in jeder Combo: Stellen, die man übt und dann kommen sie und jeder weiß bereits vorher, dass das in die Hose geht, weil man wahrscheinlich nur drauf wartet, DASS es in die Hose geht.
Je dunkler es wird, desto mehr Zuschauer stehen nun direkt an der Bühne. Auf dem Platz stehen nun geschätzte 4.000 Leute, es können auch 5.000 sein, egal. Es geht ab.
Betty Ballhaus – der Name ist Programm - betritt die Bühne und soll als GoGo-Kanone die Meute noch mehr anheizen. „Sleep when I'm Dead" spielen wir und die gute Betty tanzt derart off-topic, dass man meinen könnte, sie sei entweder dem „Sleep" oder bereits dem „Dead" näher, als man glaubt. „Heijeijei" – wurde die nicht sogar von „Fettes Brot" besungen? Irgendjemand aus deutschen Hip-Hop Szene hat die Künstlerin doch gebeten, die Silikon-Graten besser „drin" zu lassen….
Bei uns tut sie's jedenfalls, kriegt von Olli noch unbeabsichtigt eine gewatscht und dann verlässt sie die Bühne mit ner Einladung. Wir könnten ja gleich noch in die Show im Strip und Gogo-Show Zelt kommen. Und weil sie so schön Werbung tanzen durfte, brauchen wir auch nix zu bezahlen. Toll! Wir rocken uns durch die Setliste und wie im Flug sind die knapp 2 Stunden auf der Stage verflogen. Es war ein Erlebnis der ganz besonderen Art, vor so vielen Leuten auf einer solch großen Bühne gestanden zu haben.
Nächster Bühnen-Programmpunkt ist die Endausscheidung im Wet-T-Shirt Contest und zwar, WÄHREND wir abbauen. Während der Hinfahrt haben wir ja schon so spekuliert, wie denn wohl die Damen da wohl aussehen werden, die sich von mehreren Tausend Zuschauern unter wilden Gegröle kaltes Wasser über die T-Shirts Gießen lassen. Olav hatte sie perfekt beschrieben! Genau so sahen sie dann wirklich aus: 3 x Mittvierzigerinnen mit großer Oberweite (als optisches Model für Schwerkraft-Dokumentationen hervorragend geeignet), Arschgeweih und mit nichtssagenden Fragezeichen-Gesichtern und selbstgemachten Lockenwickler-Frisuren. Als Kontrast-Programm dazu eine zierliche kleine Asiatin die den Eindruck macht, kurzerhand auf die Bühne geschubst worden zu sein. Dass Wasser kommt – die Menge grölt und die 3 Mittvierzigerinnen lassen es sich nehmen, die nassen Fetzen dann auch gleich ganz auszuziehen, die Asiatin guckt eher ungläubig, genau wie wir, als sich zwei der anderen „Top-Models" sich heftig die Brüste aneinander reiben. Hurra, wir verblöden! Die Asiatin geht jedenfalls mit 150,- Siegprämie nach Hause.
Später werde ich merken, dass die Show nachhaltig schockierend gewirkt hat, denn ich habe beim Abbauen mein geliebtes Instrumentenkabel auf der Bühne liegen lassen (grummel).
After Show
Die nächste Band, eine Queen-Tributeband will auf de Bühne. Anhänger voll machen, Gespann vorziehen und Parkplatz suchen. Stevie kommt mit. Wir stellen das Gespann ca. 1.5km entfernt auf einen Parkplatz und fahren mit dem Shuttle Bus zurück.
Backstage: 4 Mädels warten hinter der Bühne auf die Band, zwei wollen unbedingt Fotos mit uns machen, die anderen „ein Bier mit uns trinken". Gern kommen wir allen Wünschen nach, Charly verteilt unsere Autogrammkarten und schon stehen wir vor der Bühne und lauschen der Queen-Tribute Band. Die Band ist sehr tight, der Sänger besticht vor allem durch sehr authentischen (Aufklebe-)Schnauzer und SEHR engen schwarz-weiß gestreiften Cat-Suite. Ich muss an die Tante von vorhin denken, die mit dem Leo-Cat Suite. Zumindest ist der Tribute-Freddie nicht betrunken und war Backstage auch ziemlich nett.
Wir überlegen, Bettys Einladung zu folgen. Durch das Gedränge kommen wir bis zum Gogo und Strip Zelt und natürlich ist es Toni, der unser Anliegen vorträgt, doch er scheitert am Türsteher (oder Zuhälter). So versammeln wir uns zum Bratwurst- Essen am Wurststand und spülen noch einige Bierchen hinterher. Derart wieder zu Kräften gekommen, versuche ich nun, den türstehenden Zuhälter von Betty's Einladung zu erzählen, doch seine unbeeindruckte Antwort war: "Die Mädels sind hier um zu tanzen und Geld zu verdienen, nicht um Typen einzuladen." Tja, arme Betty. Muss wohl ein ziemlich mieser Job sein. Ich beschließe, demnächst mal in den Baumarkt zu gehen, wenn ich mal Silikon sehen möchte….
Wir verlassen die Szenerie so gegen 2 Uhr morgens, denn am nächsten Morgen geht's ja schon weiter nach Siegen. Zusammen mit Toni und Charly fahren wir zum Gespann. Die Jungs nehmen ihre Sporttaschen mit, ich baue mir im Bus mein Bett, denn ich will das Equipment nicht unbewacht stehen lassen. Fahren kann ich nicht mehr, das waren wohl einige Krombacher zuviel. Irgendwie bin ich immer noch nicht dazu gekommen, donnern zu gehen. Da lieg ich nun im Bus auf der Wiese und denke drüber nach, mal im Gebüsch zu verschwinden, denn da grummelt doch was im Darm. Im Handschuhfach liegen keine Tempos mehr. Ich verschiebe mein Vorhaben und gehe schlafen. Mein Kopf brennt – Mist die Sonnecreme wäre auch keine schlechte Idee gewesen.
Sommerrodelbahn
Mopeds donnern vorbei. 8°° morgens – wieder viel zu früh. Ich muss mal. Grummeln im Bauch. Mist, keine Toilette weit und breit und keine Tempos. Schnell verwerfe ich den Gedanken mit den Blättern vom Baum und nehme mir ne Flasche Wasser und widme mich der Morgen-Hygiene. Ich räume den Bus auf und grinse: Da steht ja noch das Krombacher, welches mir gestern noch der Michi zugesteckt hatte: „Hey Tom, willse noch nen Bier?" Spricht's und greift sich in die Jacke und zieht nen Bit raus. „Ach warte, du magst ja liebe Krombacher".. Das Bit verschwindet links und aus der rechten Seite taucht ein Krombacher auf… Ich verstaue es beim Apfel-Aroma-Wasser und rufe Stevie an. Sie bereiten sich auf's Frühstücken draußen vor.
Ich fahre mit dem Gespann die 20 km bis zum Hotel.
Am Hotel angekommen, wartet schon die ganze Combo. 2 Brötchen, Butter und Käsescheiben haben die Jungs mir auch schon vom Buffet gerettet. Geil. Erstmal einen Zimmer-Schlüssel ausborgen und endlich(!!) mal donnern gehen.
Derart erleichtert schmecken die Brötchen natürlich viel besser und die Band lacht sich halb tot, als Jeans und Olli bei der Planung über den Besuch der Rodelbahn in heftigste „Sich-dissen-Diskussionen" geraten und Olli vor Jeans flüchtend erstmal zwei Stühle über die Veranda schleudert. Die anderen Hotelgäste wundern sich, konnten aber durch ein „in diesem Alter muss man sie einfach mögen" wieder erleichtert ihrem Frühstück nachgehen.
Die Sommerrodelbahn ist beschlossene Sache und während Charly an der Rezeption wieder Autogrammkarten verteilt, entern wir den Bus und fahren zur Sommerrodelbahn.
Mein anfänglicher Unmut über diesen Umweg ist wie verflogen, wenn man die tolle Landschaft rund um den Edersee bei dem Wahnsinnswetter erlebt. Mit nem Moped wäre das ein Traum. Die Jungs auf dem Harley-Treffen haben alles richtig gemacht.
An der Sommerrodelbahn warten wir noch auf Charly und Tony, die eintreffen, nachdem wir schon unglaublichen Spaß auf der Rodelbahn hatten. Geile Idee, den Abstecher zu machen.
Die Stimmung ist auf dem Höhepunkt, als auch Tony und Charly auf der Bahn sind.
Vom Aussichtturm beobachten wir, wie Tony völlig unbeeindruckt durch die Kurven gerauscht kommt und grinsend seinen Bob verlässt. Mit gebührendem Abstand kommt auch Charly, zwei Kinder im Schlepptau, dicht hinenauf. Sehr dicht. Charly grinst, die Kinder gucken weniger begeistert. Auf dem Aussichtsturm macht Michi noch nen Foto-Shooting, dann zwingen wir uns, keine dritte Runde mehr zu fahren, sondern nach Siegen aufzubrechen.
Über Landstrasse geht es weiter nach Siegen. Wir hören Mucke und die Abteilungen „Technik" und „Foto" versuchen mithilfe unseren IT-Spezialisten zwecks Foto-Sharing im Bus ein adhoc-Netzwerk aufzubauen. Großes Kino – Rock'n Roll!! Irgendwann rauschen wir an einem Umleitungsschild vorbei. („Biggenkopf gesperrt – hier der Umleitung folgen" sehe ich noch halb aus dem Augenwinkel). Woher soll ich den bitte wissen, ob ich über diesen Biggenkopf muss. Meine Lisbeth (die in dem Navigationsgerät eingesperrte Sklavin heiß so) hat mir nix von einem Biggenkopf erzählt und so fahren wir lustig ITend und Fotos guckend durch die Landschaft. Strasse gesperrt! „Umleitung" aber kein Pfeil. Dem Gefühl nach folgen wir der einzigen Möglichkeit und beschließen bei nächster Gelegenheit links abzubiegen. Ich fummele an Lisbeth herum, und versuche sie zunächst erfolglos zu überreden, eine Alternativ-Route für uns herauszusuchen. Ich rufe Tony an, um ihn davor zu warnen. Charly und Tony bilden die Nachhut, sie konnten sich nicht so schnell wie wir vom Rodeln lösen. Die Leitung bricht ab. Kurze Zeit danach fahren wir bereits über Strassen, die kaum breiter sind, als die Spur des Anhängers, von Schlaglöchern übersäht. Mannomann, das wird lustig, hoffentlich haben wir das Equipment anständig gepackt.
Tony ruft an und krächzt durch die Leitung, dass er nun an einer gesperrten Strasse stünde. Sie suchen nach einer Umleitung. Ach? Wir rumpeln mittlerweile über übelste Sträßchen und kommen nur langsam vorwärts. Der vergeigte Instrumental-Teil von gestern wird noch mal diskutiert und gemeinsam durchgesummt. Wenn solches Material an die Öffentlichkeit gelangt… Charly ruft an und teilt mit, dass die beiden im Convoy nun nach erfolgloser Suche genau wieder an der gesperrten Strasse stünden. Wir geben unsere ungefähre Fahrtrichtung an und überlassen die beiden ihrem Schicksal.
Es kommen größere Sträßchen, Straßen und am Ende kommen wir in Siegen an.
Wir können direkt hinter die Bühne fahren und laden schon einmal aus. Ich bin total geschafft, die kleinen Strassen haben doch etwas an meinen Nerven gezehrt. Ich greife mir das Krombacher, welches ich heute morgen noch gefunden hatte und setze mich erstmal in die Sonne. Wir bauen rasch auf und Stevie ist wieder ganz aus dem Häuschen, so eine tolle PA haben wir wohl heute wieder am Start. (Es sah auch ganz beeindruckend aus.) Ich glaube aber, dass nach Schlupkothen so ziemlich alles eine Offenbarung in Sachen PA gewesen wäre.
Anruf Toni: Charly's Auto hat schlappgemacht. Wartet auf ADAC, er selbst käme gleich….
Wir erfahren, dass es außer Wasser und Kaffe kein Catering gibt und etwas anderes stünde doch wahrscheinlich nicht im Vertrag. Da ist nun selbst der Toni baff und am Ende haben wir uns erst mal Crêpes geholt nachdem wir am Würstchenstand mit großem Schauspielerischem Talent vorgetragen bekommen haben, dass noch nichts fertig sei. Leider gab es für Jeans keinen Curry Ketchup, so hat er sich auch nen Nutella-Crêpes gegönnt. Am Bierstand haben wir dann erst mal für 2,- € nen Plastikbecher der Stadt Siegen abgekauft, um dann ein kühles Getränk für weitere 2.50 € zu erhalten.
Der Platz beginnt sich bereits gegen 16 Uhr zu füllen. Wir bekommen den goldenen Tipp, den Bus und den Hänger doch hinter dem Schloss zu parken, denn sonst kämen wir nach dem Spiel nicht mehr weg. Gesagt getan.
Wir finden noch zwei Bier in den Tiefen von Michis Jackentaschen. Schnell sind die verschwunden… ☺
Der Platz füllt sich weiter und wir erspähen die Mädels: Susanne, Jo, Andrea und Tina kommen angeschlendert. Andi ist von weitem mit ihrem rotem Strohut und Cheerleader-Puschel in schwarz-rot-gelb auszumachen.
Jetzt geht's los!
Der Platz ist nun schon fast rappelvoll und wir werden auf die Bühne geschubst. Rechts auf der riesigen Leinwand erspähe ich noch unser Pressefoto. Beeindruckend, in 10 x 8 Metern habe ich das noch nie gesehen. Wow. Der Platz ist gerammelt voll. Auf der Leinwand ist zu lesen: 5.000 Zuschauer erreicht – kein weiterer Eintritt. Hammer. Vor uns ein Meer in schwarz-rot-gold. Mittendrin erspähe ich vorn an der Bühne Birgit und Arndt, die sogar Ihre Kurze mitgebracht haben.
Es geht los. „Living on a Prayer". Die Mädels machen vorne mit, vereinzelt sehen wir Leute mitwippen oder mitsingen. Das wird hart heute. Klar – wir stehen vor einem Publikum, welches eine Fußballparty steigen lassen möchte, wir sind da nicht der Haupt-Act. Wir spielen uns quer durch Programm und haben Probleme das Publikum zu packen. Wir spielen die EM-Einlaufhymne an. „Da da dah dah da dahhhhh dahhhh". Die Menge reagiert sofort. Vereinzelt gehen Fahnen hoch. O.K, wir übernehmen es mit in die Show.
Die Leute und uns wird wärmer. Eine Pause. Diskussionen über Würstchen. Weiter im Set. „Da da dah dah da dahhhhh dahhhh" kommt gut an, der Rest wird höflich angenommen, aber nicht gefeiert wie sonst. Olli heizt die Menge an: „Die sollen Euch bis nach Wien hören!" Gegröhle. Statt zeigt uns eure Hände: „Zeigt uns Eure Fahnen" Es wirkt! WOW! Ein Fahnenmeer, hupen und Gegröle. Langsam nimmt das Publikum doch ein wenig Fahrt auf. „Da da dah dah da dahhhhh dahhhh" geht immer dazwischen und lockert auch für uns die Situation etwas auf.
Langsam bin ich selber heiß auf's Endspiel und so vergrütze ich den funkigen Einstieg in „Keep the Faith" und bin dann froh, als wir den letzten Abschlag gemacht haben. Verneigen – fertig. Ich frage mich insgeheim, ob die anderen sich wohl auch etwas angeschlagen fühlen. Heute stehen keine Wet T-Shirt Mädels auf der Bühne, sondern Delegationen Spanischer und Deutscher Fans demonstrieren wortreich Fairness und sprechen sich gegen Rassismus aus. 50 Mann auf der Bühne, die als „dankeschön" gleich ein wenig absinkt, als die noch Kollektiv zwischen unseren Instrumenten auf der Bühne herumtrampeln. Dem Bühnenmanager „Marco" steht der Schweiß im Gesicht. Olé Olleolleolleeeeee!
Wir stehen mit den Mädel hinten am Rande der Absperrung und gucken und das Spiel an. Wir sehen mit Schrecken das 0:1 und stellen fest, dass die Stimmung weg ist. Alle gucken, aber Enttäuschung macht sich breit.
In der Halbzeit holen wir unsere Plörren von der Bühne.
2. Halbzeit: Kurz die spannendsten Momente: Die Sackkarre des unfreundlichen Bierlieferanten bohrt sich in Olavs Wade und zusätzlich bekommt er noch einen Spruch. Irgendjemand holt Olav wieder rechtzeitig vor dem Explodieren herunter und das Bier konnte weiter vom Kühlcontainer zum Bierwagen gebracht werden und unser Drummer war weiterhin relativ unbeschädigt im Kreise seiner Band – ohne Platzverweis. Johanna wird vom Security-Fuzzi angemacht, das nun endgültig ihren Sonderstatus als Bandfrau aufgebraucht habe und nun sich auf die andere Seite des Zaunes zu stellen habe. Gelbe Karte für die Band-Frau.
Dann ist das Spiel verloren und wir verabschieden 3 der Mädels, ziehen den Hänger in Position und laden in Rekordzeit ein. Herzliche Verabschiedung von Toni. Alle Mann in den Bus & los, Susanne fährt mit Charly im Mietwagen. Sein Benz bleibt in der Werkstatt.
Kurz vor Wiehl überholt uns Andrea, Jo und Tina mit dem Mini. In Köln ist es schon sehr still im Bus. Ich bis hundemüde, fahren geht gerade noch so.
In Mettmann muss ich dann doch zu allem Überfluss noch tanken. Um kurz nach Eins sind wir am HQ und laden aus. Alle sind müde und erschöpft aber glücklich.
Wir haben am Wochenende vor gut 10.000 Leuten gespielt. Wow – das war ein Erlebnis.
Um halb drei falle ich endlich todmüde ins Bett. Mein letztere Gedanke war noch: Mist, morgen ist Montag wieder nix mit Auschlafen…….
Aber wir sind Vize-Europa-Weltmeister.