Tom’s Tour Tales (Teil3)
Musikkeller Frankfurt – Tribute Nite Bonfeld
Eine SMS und Horrorvisionen
SMS von Olli: Ob wir am Freitag schon zusammen um 11°° losfahren könnten, er und Jeans hätten noch einen Gig bekommen, nur Akustikgitarren und 3 Songs, irgendwo in Frankfurt in einem Bürohochhaus. Dann bräuchten sie nicht im separaten Auto vorfahren und er freue sich ja schon so sehr auf die gemeinsame Anreise.
Ich sitze noch auf Usedom, Karlshagen, im Urlaub und genehmige mir 1, 2 Gläschen Rotwein in unserem Wohnwagen, als mich diese SMS erreicht.
Auf meinem Handy trudeln auch gleich Firmenemails mit ein. Sie verheißen keine entspannte Rückkehr…
Vor meinem inneren Auge sehe ich einerseits meinen Schreibtisch in der Firma: Dunkel und böse ragen die Aktenberge auf und das Telefon schrillt mit Unheil verkündendem Ton die Worte „..zu spät", „Reklamation" und „..wann denn endlich"..
Dann sehe ich uns winzig klein mit extra langen und schwerem Anhänger uns in immer enger werdenden Frankfurter Hochhausschluchten verirren – kein vor und kein zurück. Festgefahren.
Bevor es losging…
Montagabend: Es wird geprobt und schon jetzt ist klar, dass Ohh und Jay mit Charly vorfahren und wir uns am Musikkeller in Frankfurt treffen. Bereits jetzt ranken sich schon die wildesten Gerüchte um den Mini-Gig der beiden und es werden Mutmaßungen über den Auftraggeber aufgestellt.
Donnerstagabend: Mittlerweile ist zu dem Miniauftritt schon das RTL-Fernsehen nebst der Bildzeitung im Gespräch und in mir keimt die Vermutung, dass da so eine Art versteckte Kamera mit ihm Spiel ist. Die Location ist nun nicht mehr ein Bürohochhaus sondern ein Mc Donald's Restaurant.
Wir laden den Hänger mit unserem Geraffel voll und sind gerüstet für den Freitag. Nach 3 Wochen Rock'n Roll und Band-Abstinenz freue ich mich wieder richtig doll drauf, zu rocken, zumal sich leider viel meines Telefon- und Aktenberge-Horrors bewahrheitete.
Freitag, 14°°. Ohh meldet sich von der Autobahn, sie seien gerade im Siebengebirge. Jojo und Stevie sind am Start. Mit merkwürdig kleiner Besetzung legt das Gespann um HQ ab. Zunächst einmal geht es nach Köln Dellbrück, wo wir Olav einsammeln müssen; er hatte bei seinem „Haus und Hof"-Schlagzeuglieferanten etwas wie eine DW-Drum-Masturbationsstunde. Mit glänzenden Augen hüpft er an der Autobahnausfahrt in den Bus, in der einen Hand seine Sporttasche, in der anderen balanciert er eine Tasse Kaffe von Burger King .
Die Fahrt nach Frankfurt ist den vielen Einzelheiten der DW Holzverarbeitung und weiteren Hardwaredetails gewidmet, zudem unterhält uns Atze Schröder mit seinem Programm „Meisterwerke"… Ein „Teller Hecke" ist mit Sicherheit der Brüller der Fahrt. Nach 20km Stau spuckt uns der Verkehr auch schon kurz vor Montabauer wieder aus, der Rest der Fahrt ist Makulatur. Eine Stunde später als angepeilt treffen wir in Frankfurt zu Aufbau und Soundcheck ein.
Der Aufbau geht zügig voran und wir sind natürlich alle darauf gespannt , mehr vom „Mc Doof" Gig zu erfahren. Im Grunde ging es darum, dass der Auftraggeber seiner (Ex)-Freundin 3 romantische Lieder aus Ihrer Zeit vortragen lassen wollte. Dies geschah nun eben im Mc Donald's und Tourmanager Toni hat's gefilmt.
Von Bild und RTL weit und breit keine Spur, aber ne witzige Story war's allemal. Später sollten wir die beiden auch noch persönlich kennenlernen - ganz normale, nette Menschen - keine verwirrten Eigenbrödler, wie wir zu Unrecht vermutet hatten.
Soundcheck, alles passt und Catering à la Musikkeller. Äußerst dankbar nehme ich zur Kenntnis, dass es diesmal kein glibbrig-flüssiges Rührei, sondern Wiener Schnitzel gibt. Wir rocken den Musikkeller Kurze Zeit später stehen wir auch schon auf der Bühne und die Band rockt. Die Band rockt sogar so sehr, dass Olli sich das Mikro gegen Zähne haut und ihm eine Ecke vom Scheidezahn abbricht. Obwohl nur ca. 100 Zuschauer da sind, geht der Musikkeller gut ab - die Frankfurter verstehen zu feiern. Auch konnten wir wieder viele bekannte Gesichter ausmachen, cool! Hanne, die wir schon in Miltenberg kennengelernt hatten, schießt unablässig Fotos.
Wir spielen bis nach Mitternacht und freuen uns über das positive Feedback nach dem Gig. Olli schämt sich wegen seines fehlenden Zahnstücks und will am nächsten Tag nicht so vor die Leute treten! Der Arme wird so natürlich immer mehr zum Ziel des bandinternen Spottes. Selbst unsere Freunde Birgt und Arnd scherzen schon, dass sie für den nächsten Abend ein Spruchband mit „Grins mal!" vorbereiten wollen. Tja, wer den Schaden hat….
Abbau und Mc Doof
Langsam wird auch der letzte Gast verabschiedet und wir beginnen mit dem Abbau und dem Einladen. Olav's Erkältung bricht nun langsam durch und auch der Stevie hat die Schnodderseuche.
Natürlich kommt nach dem Einladen der kleine Hunger zwischendurch und so düsen wir einem verwirrt vor uns her stochernden Toni Califano hinterher. Wohin? Klar! Ins Mc Doof, wo unsere beiden Stars Stunden zuvor schon einmal performt hatten, denn wir wollen „was Anständiges", der Meica „Curry King" oder ein Teller Hecke kommt nämlich für eine ausgehungerte Band ebenso wenig wie für Atze in Frage….
Ankunft Pension. Naja, immer noch besser als im Bus auf der Straße pennen. Gemeinschaftsklo und –dusche auf dem Gang. Toll. Nasentropfen in den Kopf geschossen, damit Jojo auch ne Chance hat zu schlafen. Es ist 3.45h als er mich um Zahncreme bittet, ich kann mich nicht mehr erinnern, dass er je in dieser Nacht vom Zähneputzen zurückgekommen ist, bin also direkt eingeschlafen.
Biorhythmen
Ich werde wach – Jojo muss wohl doch irgendwann aufgehört haben, sich die Zähne zu schrubben, er schläft noch während ich draußen vor der Türe ein Husten und das Ratschen eines Feuerzeuges höre. Ah – Stevie ist wach. Er vertreibt seine Schnodderseuche scheinbar mit ner Marlboro. Progressiver Ansatz. Olli und Jeans schlafen auch noch. Ich husche also erst mal auf's Klo (Erster!) und stelle mich unter die Dusche. Danach erhalte ich einen Rüffel von Jojo, der die schnarchhemmende Wirkum der Nasentropfen in Frage stellt. Nach und nach werden alle wach und während Jay und Olli noch im Bett umherkuscheln, beschließe ich mit einem langsam unterzuckernden Charly den Bus zu betanken, da wir auf dem vorletzten Tropfen Diesel an der Pension eingetoffen waren. Wir schaffen es gerade noch zur Tanke und nachdem 79.6 Liter Diesel ihren Weg in den 80 Liter Tank gefunden haben, irren wir durch's Einbahnstraßenlabyrinth wieder zurück zur Pension, wo nun fast alle Biorhythmen wieder auf Betriebsmodus „wach" und vor allem „Hunger" stehen. Da in unserer Bleibe das Frühstück „exklusive" ist, machen wir uns auf die Suche nach etwas Essbarem.
Main-Taunus-Center
Ausgerechnet zum Main-Taunus-Center sollte es zum Frühstücken gehen. Mit dem Hänger hinten am Bus kein leichtes Unterfangen, schließlich aber finden wir einen Parkplatz und das Gelage kann losgehen. Kaum eine Stunde später machen wir uns dann auch schon wieder auf die Suche nach einer Apotheke, denn Olav hat nicht nur mit einer ausgewachsenen Erkältung, sondern auch mit Blasen und offenem Fleisch an seinen Händen zu kämpfen. Wenn er den nächsten Gig überstehen soll, braucht er jetzt dringend Wundcreme und Pflaster…
Nach einer weiteren Stunde haben wir auch dies erledigt und es schlägt die Stunde für …Kommissar Schneider! Olli liest Kommisar Schneider. 140 km lang. Von Frankfurt Höchst bis Bonfeld. Mit Zahnlücke und trockenem Hals meistert er die Vorlesestunde und qualifiziert sich somit für mich als 1a Hörbuchstimme mit dem speziellen „Etwas" (Zahnlücken-Pfeiffen?)
Bonfeld
Es ist mittlerweile ein vertrautes Gefühl in Bonfeld „einzuchecken". Nico, Sabrina und Team geben sich immer 150% Mühe, es den Bands so behaglich wie möglich zu machen. Auch die Bühne wächst jedes Mal weiter. Irgendwie komisch, dass diesmal der ganze Kissin' Time Wanderzirkus nicht mit von der Partie ist. Aber die Jungs von IC/DC kannten wir auch bereits vom vorigen Jahr und die Jungs von Flash sind noch nicht eingetroffen.
Mit großen „Hallo" begrüßen wir Tuschy, unseren Lichttechniker, der zu dem Auftritt zu uns stößt. Schön, ihn mal wieder dabei zu haben! Aufbau und Soundcheck gehen routiniert und schnell von der Hand, alles passt wunderbar. Müdigkeit macht sich breit und so checken wir erst mal in Hotel im nahen Bad Wimpfen ein. Das Hotel ist eine Art Konglomerat aus Reha-Klinik, Altersheim und Hotel, sodass wir uns irgendwie immer ganz komisch und ein wenig deplaziert fühlen, naja zu mindest die Jüngsten von uns ;-). Ich teile mir wieder das Zimmer mit Jojo. Wir werfen uns auf's Bett und gucken im Fernsehen schläfrig Bob Ross dabei zu, wie er mit sprödem Humor innerhalb einer halben Stunde Sendezeit ein Gemälde auf die weiße Leinwand zaubert. Der Wahnsinn!
Essenzeit in Bonfeld: Es gibt Nudeln mit Tomatensauce, Brötchen und einen vollen Kühlschrank. Jay setzt den Backstageraum unter Tomatensauce und Jojos Rucksack (Anmerkung des Myspace-Chef-Editierers: Rucksack, Hose, Pullover, Gesicht und Mobiltelefon!) wird wohl demnächst wieder gewaschen werden müssen. Es ist ein besonderer Rucksack (Eastpack!), der Jojo schon das halbe Leben begleitet, und bis auf die Tomatenflecken immer noch fast wie neu aussieht (im Gegensatz zum Koffer, mit dem er im Vorjahr angetreten ist…) (welcher nach der letzten Kellerflut verschimmelt ist).
IC/DC rocken ab und wir machen uns warm: Ab in die Dusche (wegen der Akustik) und - diesmal mit Besuch – singen wir uns à la Bounce warm. (Das Ritual werde ich hier nicht näher beschreiben und alle Teilhaber der Zeremonie sind zum Schweigen vergattert). :-P Dann wird es hektisch: IC/DC verlässt unter großen Beifall die Bühne und wir bauen rasch um.
Jojo fängt an und damit ist er der Erste der fertig ist, alle anderen hecheln hinter her. Das fängt ja gut an. „Living on a Prayer". Wir rocken uns durch die Nummer und ich denke noch an die Pyros, um mir nicht das Vergnügungszentrum wegschiessen zu lassen und….. sie funktionieren nicht! Sofort hektische Betriebsamkeit am FOH und ich sehe Stevies Taschenlampe herumtanzen.
Das Publikum in Bonfeld ist wieder spitze und wir sehen auch hier wieder viele bekannte Gesichter. Hanne ist wieder mit der Kamera unterwegs, Melanie von letzten Jahr ist auch wieder da und viele, viele mehr... Sogar aus Rosenheim konnten wir Leute begrüßen, die extra für uns nach Bonfeld gekommen sind. (Die Abteilungen Solingen und Kassel lass ich jetzt mal einfach unerwähnt).
Die Band ist gut drauf und auch Olav scheint die Show trotz wunder Hände und grippalem Infekt gut zu meistern. Es macht Spaß.
Leider spielen wir heute nur ein kurzes Set, aber ich merke schon, dass die Kondition etwas angeschlagen ist. Bed of Roses spielen wir diesmal ohne Wunderkerzen, aber ich mache wieder Stage-Fotoservice. Wir grooven uns weiter durch das Set bis schließlich „Keep the Faith" den Abschluss darstellt. Alle warten gespannt auf die Pyros, die aber wieder nicht funktionieren und somit Stevies Laune erst einmal auf Reserve sinken lassen.
Natürlich wird er später eine Fontäne draußen zünden, weil er sein System nun langsam schon selbst infrage zu stellen scheint und dort werden sich artig 15,-€ in Blitz und Rauchs verwandeln….
Wir verabschieden uns artig von diesem tollen Publikum und übergeben die Bühne an Flash, einer „Queen"-Tributeband. Wir hatten ja bereits schon am Edersee das Vergnügen mit einer Queen-Tribute-Kapelle zu spielen, aber Flash begeistern uns richtig. Auch wenn ihr Sänger wie ein Ross-Anthony-Double aussieht, so zieht er doch das Publikum absolut in seinen Bann und die Band ist absolut tight. Sehr geil.
Nach einigen Songs verkrümele ich mich in den Bus und schlafe bei „The Big Lebowski" auf dem DVD Player ein und somit etwas vor. In der Halle haben zwischenzeitlich große Teile der Band ein Treffen mit Freund Jack D., so dass das Wiedersehen um kurz vor drei doch sehr alkoholschwanger ist…Jaja, der Tuschy schafft es immer wieder und überall, so ein Fläschen zu organisieren.
Am nächsten Morgen höre ich keine Klagen wegen Störung von Jojos Nachtruhe. Scheinbar hat meine (relative) Alkohol-Abstinenz gepaart mit Nasenspray und Jojo's Alkoholzuspruch positiven Effekt auf seine Erholung gehabt. Und so erleben wir beide zu unserer großen Verwunderung am nächsten Morgen die magische Wandelung sämtlicher Schlafgewohnheiten der Band, denn wir kommen als letzte zum Frühstück. Tuschy war sogar schon Schwimmen – Respekt.
Wir verabschieden uns von Tuschy und Charly und machen uns im Bus auf den Weg. Schnell noch den Hänger an der Halle geholt und schon sind wir auf der Autobahn.
Der CD-Player bleibt aus, denn was nun folgt, ist eine fast 4stündige Kommissar Schneider-Lesung von Olli, der in seinem Lesestil dem gelebten Wahnsinn des Herrn Kommissar Schneider immer ähnlicher wird …
Wer weiß? Vielleicht machen wir demnächst mal statt normalem Set ne Stunde Laienspielgruppe, Bounce spielt „00 Schneider rettet die Welt", oder schlimmer…